Christian Wulff ist nun Bundespräsident. Er weiß um die Bedeutung des höchsten Amtes im Staate Deutschland und wird seine Aufgaben gewissenhaft erfüllen. Er wurde ordnungsgemäß gewählt und hat daher aufrichtige Glückwünsche und die besten Wünsche für die Erfüllung seiner Pflichten in diesem Amt verdient. Und doch will den Einen oder Anderen das Gefühl nicht loslassen, die Wahl dieses Bundespräsidenten sei nicht wirklich das, was die Menschen in Deutschland tatsächlich wollen. Aber Christian Wulff trägt daran keine Schuld.
Zu kritisieren sind andere: Kanzlerin Merkel hat einen möglicherweise zukünftigen Gegner weggelobt und somit auch das Amt des Bundespräsidenten für eigene politische Interessen missbraucht. Die FDP - als Koalitionspartner längst um Glaubhaftigkeit bemüht - profiliert sich, wie üblich, auf wessen Kosten auch immer und heuchelt Einigkeit. Diese Strategie hat nicht einmal die Bundesversammlung abgekauft: Sieg erst im 3. Wahlgang.
Als demokratische Partei, die im Interesse des deutschen Volkes handele, hat sich aber letztendlich die Linke disqualifiziert. Nicht nur, dass sie im Vorfeld einen Völkerrechtler (im weiteren Sinne) und Demokraten für nicht wählbar hielt, sondern auch, dass sie nicht erkennen konnte oder wollte, dass sie in der entscheidenden Phase im Interesse des mehrheitlichen Volkes eine historische Entscheidung hätte mittragen können, zeigt, dass die Linke mindestens zwei Dinge nicht verstanden hat: 1. Den Menschen in der DDR widerfuhr staatlich gesteuertes Unrecht, diese Republik war daher kein Rechtsstaat. 2. Die Linke hätte durch die Entscheidung, für Gauck zu stimmen, nicht nur die offensichtliche Mehrheit des deutschen Volkes unterstützt und glaubhaft repräsentiert, sie hätte vielmehr unter Beweis stellen können, dass sie für die Umsetzung demokratisch-mehrheitlicher Entscheidungen und nicht nur parteipolitischer Interessen einsteht. Hier hat die Linke versagt und dem Taktieren und Lavieren einer verzweifelten Regierungskoalition darüber hinaus unnötig zugespielt.